´ warum Belissimo?
Belissimo von Beltain x Romadour II
Die Entscheidung Belissimo in diesem Jahr an Fabrice anzupaaren dürfte die
wohl umwegereichste Zuchtanpaarung sein die ich je getroffen habe - und es war
nicht einmal meine eigene ....
Grund hierfür sind meine ureigensten kritischen Einschätzungen zu diesem Prachthengst dessen Entwicklung ich verfolge seit er nicht einmal drei Jahre alt war - und eigentlich begann meine "Meinungsbildung" zu diesem Hengst noch viel früher:
Belissimos Vater Beltain habe ich bereits zu
"Gründerzeiten" dieser Webseite eine eigene Seite
gewidmet.
Beltain war nach Fidermark sicherlich der Hengst der mich am tiefsten
beeindruckt hat in den noch sehr unreifen Jahren meines Züchter"daseins". Ohne
Beltain hätte es keine Wally gegeben, keinen Brentano
II für mich und -ganz sicher- keinen Belissimo M für diese Welt.
Als ich mich damals beim westfälischen Pferdestammbuch im Rahmen einer Reportage
über Hengste, die ihre Deckzulassung durch Sporterfolge und somit echter
Leistung errungen hatten, um Informationen über Beltain im besonderen erkundigte
war die Antwort:
"Wieso wollen sie denn über den schreiben? Da gibt es doch
andere die das eher verdient hätten...."
Tatsächlich gab es aber zu dem Zeitpunkt kaum einen Hengst der über Sporterfolge
bis Grand Prix in die Zucht gelangt war.
Aber diese Antwort reflektiert mehr als alles andere die in Westfalen
vorherrschende geringe Wertschätzung oder schlicht das simple Nichtwissen um die
Bedeutung des Boleroblutes allgemein, der Linienführung des Beltainschen Stammes
aus dem Hause Max Schulz im
besonderen.
Selbst die
offizielle Webseite der FN bezeichnete Beltain zu diesem Zeitpunkt noch als
eher "unbekannten Vererber" und noch heute im Jahr 2008 erklärt die Chefin
des Langestütes anlässlich des Züchtersonntages:
"... ohne seinen Sohn Belissimo wüssten viele heute gar nicht mehr wer Beltain
denn eigentlich war fristete er doch eher ein Schattendasein hier im Gestüt als
Pachthengst..." traurig, aber wahr.
Es passte daher ins Bild dass Belissimo seinerzeit von der
rheinischen Körkomission gar nicht erst zugelassen wurde - "frühreif" waren
diese Pferde nie.
Knapp dreijährig erschien er dann zur Winterauktion und riss das Publikum im
wahrsten Sinne des Wortes von den Bänken - mich eingeschlossen. Ich hatte Tränen
in den Augen - mehr noch um der endlich verdienten Wertschätzung die plötzlich
auch aus westfälischen Munden seinem Vater Beltain zukam der erst das Zeitliche
segnen musste bevor man ihm dann ob seines spektakulären Sohnes auch hier den
verdienten Respekt zollte.
Die spätere Körung und Anerkennung durch den Verband war nach diesem
Auktionsauftritt dann nur noch eine Formalität.
Nun verdankt Belissimo seine äussere Aufmachung sicherlich nicht zuletzt seiner
Romadour II Mutter die dem Hörensagen nach eine unglaublich typschöne Stute sein
soll. Und das brachte für mich die ersten Zweifel auf:
wenn die Typgene, wie ich oft beobachten konnte, an die Leistungsgene (i.s.von
Bewegungserscheinung) gekoppelt sind war nicht unbedingt davon auszugehen dass
er sich selbst auch so vererbt - der dominante Mutterstamm seines Vaters den ich
ausserordentlich wertschätze und dessen Einfluss ich nun in den letzten Jahren
anhand vieler Pferde zu genüge beobachten durfte ist numal alles andere als
spekatakulär oder typschön i.S. von modern. Die Vermutung eines "Endproduktes"
lag nahe. So sehr ich Belissimo verehrte - ein Vererber war er für mich noch
lange nicht.
In Anpaarung an überaus spektakuläre Hengste kann man eigentlich nur verlieren -
insbesondere wenn es das spektakuläre Moment ist um dessentwillen man anpaart
und nicht etwa andere "verborgene" Eigenschaften wie etwa Reiteigenschaft oder
Charakter...
Spektakuläres lässt sich nun einmal in der Zucht nicht duplizieren - das liegt
in der Natur der Sache, alles andere hiesse clonen.
Es folgte die erste Zeit der prägenden Ausbildung unter Profiberitt und wie
viele andere vor ihm verlor dieser strahlende Hengst eine Menge seines Schmelzes
und Ausstrahlung. Zu viel und zu früh - ich war enttäuscht und traurig ob seiner
folgenden Auftritte in der Öffentlichkeit.
Dann kam die Fohlenschau in Wadersloh und mit ihr die ersten Fohlen des
Belissimo in grosser Dichte. Und ich erinnere mich noch wie heute an die Antwort
eines guten Freundes mit dem ich angereist war auf meine Frage:
"was hat dich denn jetzt am meisten beeindruckt auf dieser Fohlenschau des
Belissimo?"
die kurze aber präzise Antwort lautete:
"die Fohlen des Fürst Piccolo!"
...
Ein Fohlenmacher war Belissimo zu dem Zeitpunkt für mich nicht, ich denke er ist
es auch heute noch nicht. Es fehlte der
rote Faden wie auch sein eigenes spektakuläres Moment in der Vererbung, oft war
der dominante Stempel seines Vaters typprägend was nicht anders zu erwarten war.
Viele der Fohlen waren von auffälliger Aktion wie der Vater selber - aber
aktionsstark ist eben nicht genug um von einem Fohlenmacher zu sprechen. Eine
bewegungsstarke Mutter dahinter musste es schon sein.
Man hatte den Eindruck es wurde ruhiger um ihn bis er dann zum Bundeschampionat
2005 quasi aus der Versenkung wieder auftauchte und im Sturm die Herzen des
Publikums zurückeroberte - seiner Reiterin war das Kunststück gelungen dieses
Pferd wieder in seinem ursprünglichen Glanz erscheinen zu lassen und man darf
mit Fug und Recht behaupten:
Belissimo war der "Sieger der Herzen" auf diesem Bundeschampionat 2005 - einer
der Gold verlor und deshalb nur Silber gewann...
Und wieder wurde es ruhig um ihn, er verschwand von der öffentlichen Bühne in
einem Alter in dem gleichaltrige Kollegen Kurs auf den Nürnberger Burgpokal
nahmen. Bis dann im nachfolgenden Winter 2006 seine ersten Söhne nicht nur in
Handorf sondern vor allem auch in Verden auf der Körbühne erschienen - und
gerade in Verden hatte man es sich zur Herzensangelegenheit gemacht dieses im
Mannesstamm nahezu verlorene Blut des Bolero zu rekultivieren (Brentano II war
zu der Zeit der einzige bedeutende Vertreter dieser Linie und auch nicht
unbedingt ein Hengstmacher).
Waren es in Verden nicht unbedingt die typbetonten und rahmigeren Söhne wie in
Westfalen so liessen doch gerade die nicht unbedingt grössten seiner Kinder
(wieder ein Stempel seines eben doch oft dominanten Vaterstammes) aus bewährten
hannoverschen Mutterstämmen das Herz höher schlagen:
der spätere HLP Sieger Belafonte (Mv Wendekreis Gotthard) oder der bunte
Benedetto (Mv Cordoba Westwall) wie auch der in Warendorf stationierte Beltoni (Mv
Rubinstein Don Primero) und der derzeit in aller Munde besprochene Sieger des
Verdener Reitpferdechampionates Bergerac der seinerzeit nur zur Dreiecksbahn
erschienen war (Mv DeNiro Larinero) sorgten in meinem
Katalog für reichlich Doppelkreuzchen und Ausrufezeichen.
Belissimo war wieder da!
Nur - wo war er denn bloss selber???
Wieder waren es erst seine Kinder die mich dann anlässlich der westfälischen
Eliteschau 2007 aufblicken liessen:
ein Dutzend dreijähriger Töchter anlässlich der Eliteschau zeugten von einem
beeindruckenden Bild seiner Vererbung - neben der meist auffällig bunten
Fuchsfarbe waren es ein sehr guter Schritt und die auffällige Aktion im Ablauf
die schon die Fohlen oft kennzeichneten sowie Riss und Linien, letzteres
Attribute die mir bei seinen Söhnen mitunter doch fehlten.
Am darauf folgenden Tag anlässlich der Sichtung der Reitpferde für das
Bundschampionat waren es dann die ersten Satteleindrücke seiner Kinder die
Zeugnis ablegten von einer Eigenschaft die ich wieder nur aus vollem Herzen
seinem Vater Beltain zuschreiben kann:
Rittigkeit.
Und so war es dann die ganz spontane Äusserung meiner Freundin Svenja als wir
auf der Tribüne sassen und uns die Töchter des Belissimo ansahen die bei mir
sofort "klick" machte:
"Das wär doch mal ein Hengst für deine Fabrice!"
Svenja dies aussprechen hören und zu wissen "sie hat recht!" war eins.
Bauchgefühl pur, und so muss es sein!
Nach wie vor ist Belissimo nicht der Schub- und Schwungmacher - es müssen schon
Stuten mit dem notwendigen Quentchen "Wumms" und fleissigem Abfussen sein die
seinen Kindern mehr als eben nur die auffällige Aktion mit auf den Weg geben -
aber ganz offensichtlich zeichnet genau das Fabrice in ihrer Vererbung aus.
Alles weitere in einer Verbindung von Belissimo mit Fabrice sind Puzzelteilchen
die plötzlich vor meinem Auge aus einem konfusen Durcheinander zu einem
stimmigen Bild zusammenfanden:
Aktion ist das auffälligste an dem es Fabrice mangelt - in allem anderen
gereichen die beiden sich zu einem stimmigen Duett, allem voran ausgerechnet
wieder eine oft gehörte Note unseres Stallmeisters Toni der da sagt:
"Ramzes!
du musst auf Ramzes inziehen!
den kann man gar nicht oft genug im Papier haben!"
... und da mag er wirklich recht haben, und das nicht nur in Bezug auf
Typschönheit - der doppelte Romadour II reizt mich auch ohne die Vorstellung wo
Fabricechen ihre mitunter sehr arabisierte Ausprägung (mit allen Pros und Cons
die das mit sich bringt) wohl herhaben mag...
Dazu kommt ganz sicher eine deutliche Veränderung meiner eigenen
Zuchtphilosophie in den letzten Jahren:
war es zunächst immer die Frage nach einem verkäuflichen Hengstfohlen die mich
trieb ist es heute ganz klar die Frage:
"möchte ich mit so einem Stutfohlen weiter züchten?" die meine Entscheidungen
ganz besonders in diesem Jahr beeinflusst.
... und ein Stutfohlen von Belissimo aus meiner Fabrice - das wäre nicht zuletzt
nach den zwölf Elitestuten das schönste Geschenk....
So bleibt die Hoffnung und Vorfreude auf eine gelungene Anpaarung von Fabrice an Belissimo der mit seinem zweiten Körjahrgang 2007 seinen Stellenwert als
begehrten Vererber in allen Zuchtgebieten - allen voran Hannover - hinreichend
manifestiert hat. Ob es einmal zu einem Stempelhengst reicht das lassen wir
einmal dahingestellt. Aber wenn ich heute höre mit welchem Wohlwollen und Überzeugung
landauf landab seine Kinder angepriesen werden dann erscheint es mir nicht
verfrüht zu behaupten dass in ein paar Jahren wohl keine Hengststation mehr ohne
einen Belissimo auskommen wird - das Erbe des Boleroblutes hat seinen
Lordsiegelbewahrer gefunden.
Fotos: Hengststation Schmidt und Tanja Schönfelder