Als ich damals nach Münster zog war Beltain Pachthengst im Landgestüt
Warendorf. Grossen Zuchspruch genoss er dort nicht, die wenigen Stuten die er
bekam rekrutierten sich meist aus dem Bestand der Familie Karsten und einigen
Bekannten sowie dem einen oder anderen im hannoverschen ansässigen Züchter der um
die qualitativ hochwertige Blutführung des Hengstes wusste. In Westfalen war das
Blut des Bolero offensichtlich nicht besonders anerkannt, hatte man doch mit
Boss bereits einen Sohn gehabt der kaum genutzt wurde. Als ich mich beim
westfälischen Pferdestammbuch im Rahmen einer Reportage über Hengste, die ihre
Deckzulassung durch Sporterfolge errungen hatten, um Informationen über Beltain
im besonderen erkundigte war die Antwort: "Wieso wollen sie denn über den
schreiben? Da gibt es doch andere die das eher verdient hätten."
Tatsächlich gab es aber zu dem Zeitpunkt kaum einen Hengst der über Sporterfolge
bis Grand Prix in die Zucht gelangt war.
So musste erst Jahre später sein spektakulärer Sohn Belissimo auftauchen bis
auch von westfälischen Offiziellen das wertvolle Blut dieses Hengstes laut
gepriesen wurde. Plötzlich war er in aller Munde. Leider war er zu diesem
Zeitpunkt schon tot. Wie das so ist mit Propheten die im eigenen Vaterlande
nichts gelten.
Brentano II im Juli 2005 - im stolzen Alter von 22 Jahren!
Beltain ist
nahezu blutidentisch gezogen zu Brentano I und II, die Mütter
beider
Hengste, Glocke und Gänseliesel, gehen zurück auf die Gründerstuten Marbel (von
Marcio xx) und Duellheldin (von Duellant). Brentanos Pedigree liest sich: Bolero
Grande Ferdinand Marcio Duellant. In Beltains Mutterstamm jedoch fehlt
Ferdinand, seine Mutter Gänseliesel ist eine direkte Tochter der Marbel von
Marcio xx.
Beltain ist ein Jahr jünger als Weltmeyer und sollte damals auch wie
dieser zur Körung vorgestellt werden. Aufgrund einer Unfallverletzung wurde
daraus nichts und Familie Karsten konnte den Hengst für sich erwerben.
Es gibt noch heute den einen oder anderen der da sagt Beltain sei damals der
bessere der beiden gewesen und bereits als Körsieger geschätzt worden. Ob das so seine
Richtigkeit hatte oder nicht - wir werden es nie erfahren. Seine Qualitäten
stellte er jedoch dann in seinem späterern Werdegang unter Beweis - ohne dass er
je die Popularität eines sich in die Herzen stramplenden Weltmeyers geniessen
durfte. Zunächst im Beritt von Petra Epping ging er kurzzeitig zu Rudolf
Zeilinger um dann bei Jo Hinnemann in den Beritt von Leonie Bramall zu gelangen
unter der er auch die Erfolge bis Grand Prix für sich verbuchen konnte. Auf grossen
Umwegen also kam Familie Karsten zu ihrem leistungserprobten Deckhengst.
Beltain unter Leonie Bramall
Ich hatte damals das Glück und durfte dann und wann mit ins Landgestüt fahren
und Beltain unter Andrea Karstens "Fittiche" reiten - das war für mich das
absolut grösste. Man hat nicht alle Tage die Möglichkeit ein Pferd reiten zu
dürfen das das gesamte Programm beherrscht und sich darüberhinaus so grossartig
als Lehrpferd "bedienen" lässt. Andrea stand eigentlich nur unten um mir zu
erzählen was ich alles NICHT tun sollte um ihn einfach mal machen zu lassen -
ich sollte mich nur ins Pferd reinfühlen. Das waren die ersten fliegenden
Wechsel die ich für mich bewusst reiten konnte, die ersten Traversalen, Passagen
und vor allem das erste mal in meinem Leben eine sauber durchgeschwungene
Tempoverstärkung auf einer 80er-Diagonalen in der grossen Halle des Landgestütes
- lieber Himmel! Abgesehen davon dass er mich herrlich mitnahm und sitzen liess
hatte ich spätestens bei X genug damit zu tun möglichst ruhig mit dem Hintern im
Sattel zu bleiben und nicht einfach davonzupurzeln... Beltain war für mich
eine Offenbarung und ich war Andrea sehr dankbar ihn reiten zu dürfen.
Krankheitsbedingt zog er kurz darauf in den Karstenschen Heimatstall nach
Münster um und auch in der Zeit hatte ich noch die Möglichkeit ihn dann und wann
zu reiten. Ich erinnere mich an einen Tag als Andrea vorschlug gemeinsam
auszureiten, sie auf ihrer 4jährigen (rossigen ...) Stute und ich auf Beltain.
Ich glaubte nicht richtig gehört zu haben und fragte sie ob sie das ernst
meinte, meine Wenigkeit auf dem Deckhengst neben der rossigen Stute? Sie grinste
nur und meinte: Der macht das schon! So war es auch. Wir ritten los und wenn
überhaupt ein Pferd durch "Nettigkeiten" von sich reden machte, dann war es ihre
junge Stute. Beltain war Ruhe und Gelassenheit selber und ich war so richtig
rundum glücklich.
Umso mehr traf es uns alle als Beltain einen Rückschlag erlitt und später ob der
Folgen seiner Krankheit eingeschläfert werden musste. Ich schäme mich nicht zu
sagen das ich damals Rotz und Wasser geheult habe - mir ging der Tod dieses
Hengstes den ich als wunderbares Lehrpferd und umgängliches Reitpferd erleben
durfte richtig unter die Haut.
Als Karstens später ihre zuchterprobte Wallery verkaufen wollten war es für
meine Freundin Svenja und mich sofort klar dass wir diese Stute haben wollten
und mit ihr das fortsetzen wollten was Karstens so erfolgreich begonnen hatten: Wally sollte bei uns weiterhin
Fohlen von Beltain bekommen von dem zunächst noch
TG zu haben war.
Nach dem tragischen Verlust von Wally im Jahr 2007 wird dieser Stutenstamm des
Dr. Max Schulz nun in meiner Zucht verloren gehen und das stimmt mich sehr
traurig. Was bleibt ist die Freude an Beltino, Wallys letztem Sohn von Beltain,
der sich inzwischen unter Svenja zu einem beeindruckenden Sattelpferd mausert:
Beltino verkörpert einfach alles was wir uns aus dieser Anpaarung erhofft haben,
ein Hingucker unter dem Sattel der sich durch begnadeten Takt, Schwung und
Raumgriff auszeichnet, das ganze in einem natürlich getragenen bergauf und dazu
eine ebensolche dynamisch bergauf und gut durchgesprungene Galoppade. Svenja und
Beltino haben bereits einige Turniererfolge zu verzeichnen darunter auch den
Sieg in einer Dressurpferdeprüfung.
Die grösste Freude hat Svenja mir bereitet als sie mich im Sommer 2007 fragte ob
ich Beltino einmal bei einem Geländetraining reiten wollte - feste Sprünge
kannte er bis dato überhaupt nicht. Ich war mehr als begeistert und habe
natürlich mit Freuden zugesagt - dabei entstanden diese Fotos und ich sehe sie
mit einem lachenden und einem weinenden Auge:
ohne Wally und Beltain wird es keinen weiteren Beltino mehr für uns geben und
das ist um so bitterer als es es sich bei dieser Anpaarung ganz offensichtlich
um eine echte "Passerpaarung" gehandelt hat wie die fünf Vollgeschwister aufs
eindrücklichste beweisen ...
"Beautiful Belissimo" von Beltain x Romadour II,
fotografiert von Tanja Schönfelder
der "Sieger der Herzen" auf dem Bundeschampionat 2005 - einer der Gold verlor
und deshalb nur Silber gewann...
ein recht herzliches danke-schön an Tanja Schönfelder für die ersten beiden
wahrlich meisterhaften Fotos!
Im Frühjahr 2008 soll Fabrice von Belissimo besamt werden - anlässlich dieser
Anpaarung habe ich Belissimo unter der Rubrik "Hengste"
eine eigene Seite gewidmet: Belissimo - warum -?
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