Duisenberg - warum?
Foto:
Dr.
Christina Beuke - mit dem herzlichsten Dank für die Überlassung dieses
charmanten Porträts!
Duisenberg von Desperados x Weltmeyer x Lungau (Der Löwe xx)
Untertitel:
Der doppelte Weltmeyer
Prolog
Für mich verkörpert Duisenberg die Reinkarnation des Weltmeyer und ich habe viele Jahre auf
einen solchen Hengst für meine Fabrice gewartet. Geboren aus einer
Weltmeyer-Mutter ist Duisenberg als Sohn des Desperados eng auf Weltmeyer
ingezogen (Desperados' Muttervater ist Wolkenstein II) und man sieht es ihm auch
an.
Und gerade weil Duisenberg diesen Weltmeyertypus in vielerlei
Hinsicht selber verkörpert war die öffentliche Meinung über ihn vom ersten Tag
seiner öffentlichen Auftritte anlässlich der Körung in Verden im Herbst 2011 gespalten:
Man schätzt ihn oder man verpönt ihn, ganz wie den alten Weltmeyer selbst.
Und so sind es gerade diese von Kritikern gescholtenen altbackenen Features des
Weltmeyer, die mir Duisenberg so begehrlich erscheinen lassen:
Weder schwarz, noch puppig und schon gar
nicht hochbeinig, schied Duisenberg vom ersten Augenblick an die Geister.
Reichlich Resonanzkörper und aus diesem der unübersehbare Abdruck und
Grundschwung, der vom Fleck weg durchs Pferd schiebt. Duisenberg imponierte
bereits auf der Dreiecksbahn vom ersten Moment als er hereintrabte - das war
spürbar Kadenz aus einem kraftvollen Abdruck gegeben, einhergehend mit dem
unübersehbaren sicheren Takt, der ein solches Pferd auszeichnet.
In der Tendenz etwas schwammig in der Textur und weit entfernt von dem hochnoblen
langbeinigen Pferd, das heutzutage so begehrlich ist, verkörpert Duisenberg in
seiner Aufmachung genau das, was sein Pedigree und ganz vor allem ein späteres gutes Dressurpferd ausmacht:
Funktionalität.
Ein solches Konstrukt kann tragen.
Ein solches Konstrukt kann man später auch einmal setzen.
Nun habe ich selber viele Jahre benötigt, um einem Weltmeyer die angemessene
Wertschätzung und Anerkennung zukommen zu lassen, die er Dank seines prägenden
Einflusses (und das nicht nur in der hannoverschen Zucht) auch verdient.
„Lernfähig“ nennt man das, wenn man über die Jahre seine eigene Meinung von
tiefer Abneigung in höchste Wertschätzung zu wandeln im Stande ist – und es ist
doch immer schön wenn man feststellt, dass man auch im Alter noch dazu lernt :-)
Und so ist Weltmeyer wohl der Hengst in meinem Weltbild, der mein
Zuchtverständnis im Laufe der Jahre am nachhaltigsten auf den Kopf gestellt und
beeinflusst hat. Duisenberg reiht sich daher
stimmig ein in meine ganz persönliche Ansammlung von Deckhengsten der jüngsten
Vergangenheit, die allesamt Weltmeyer oder einen seiner bewährten Söhne zum
Muttervater haben und die ich aus gutem Grunde nicht zuletzt deshalb genutzt
habe:
Real Diamond und Sarkozy, und aktuell Don Frederic und Duisenberg.
„Der Motor sitzt hinten!“ – und die seltene Gabe, diese Eigenschaft auch zu vererben, verkörpert kaum ein Hengst so sehr wie Weltmeyer. Ein Fidermark fällt mir dazu noch ein, doch der hat in seinem begrenzten Deckeinsatz keinen flächendeckenden Einfluss auf die Zucht nehmen können. Die begehrliche Eigenschaft, diesen sichtbaren „Motor hinten!“ auch genetisch zu manifestieren und in seiner Nachkommenschaft zu verankern, diese Eigenschaft können nur sehr wenige Hengste für sich in Anspruch nehmen. Der Unterschied eben zwischen einem echten Vererber, der dieses Prädikat auch verdient, und einem einfachen Deckhengst.
Man kann Weltmeyer
mögen oder nicht, sein Einfluss auf die hannoversche Zucht, gerade als
Multiplikator über die Mutterseite, ist greifbar und im Hinblick auf Hinterbein,
Antritt und Schubkraft nicht weg zu diskutieren.
Und so war es ein Weltmeyer und das weit verbreitete Erbe durch seine
Nachkommenschaft, das im Laufe der Jahre mein Verständnis für ein stabil
tragendes Pferd überhaupt erst geprägt hat. Die sichtbare Umwandlung von
natürlich gegebener Schubkraft in stabile Tragkraft unter dem Sattel ist
nirgendwo so offensichtlich nachvollziehbar wie an Weltmeyer, seinen Söhnen,
Töchtern und Enkeln, die dazu meist in fuchsfarbe und in einem gesunden
Rechteckformat daherkommen und das Erbe des Weltmeyer daher bereits sichtbar in
ihrer Statik verkörpern:
sie sind alles andere als hochbeinig und schmalbrüstig, sie kommen daher mit
tiefer Röhre und einem Hinterbein, das den Eindruck verschafft das gesamte Pferd
hinten tiefer zu legen. Sie imponieren allein durch ihre Dynamik von hinten
durch’s Pferd und schlagen keinen Schaum vorn...
Weshalb ich gerade
meine rotbunt leuchtende und ebenso hinten tiefergelegte Fannie Mae häufig als
eine typische Vertreterin des „Weltmeyer-Synonyms“ betitelt habe. Mein Artikel „Langbeinigkeit
– sinnvoll oder Selbstzweck?“ aus dem Jahr 2008 legt erstmals laut Zeugnis
ab von dem Verständnis um Funktionalität, das dem ausgeprägten Zeitgeist dieser
Tage und dem Begehren nach möglichst langbeinigen Pferde energisch widerspricht.
In einer Zeit, in der nicht von hinten nach vorn sondern meist von vorn nach
hinten auf’s Pferd geguckt wird und Farbe, Kopf und Vorderbein eine grössere
Rolle spielen als das Verständnis für Antrieb und Funktionalität, in so einer
Zeit hat es so ein altmoderner Fuchs eben nicht leicht.
Wie der Grossvater, so der Sohn.
An Duisenberg schieden sich vom ersten Augenblick die Geister.
Verden, an einem sonnigen Morgen im Herbst 2011:
Dick eingepackt in Jacken und Decken saß ich
an der Dreiecksbahn um mir einen ersten Eindruck dieses hannoverschen
Körjahrganges zu verschaffen. Den ein oder anderen Sohn des Desperados hatte ich
bereits bei den Vorauswahlen gesehen und mein Interesse war durchaus geweckt als
es an das D-Blut ging. Und doch war ich ausserordentlich irritiert als ein
kräftiger Fuchs plötzlich hereintrabte, den ich vom ersten Augenblick an mit
Weltmeyer assoziierte…
Weltmeyer?
Inmitten der D’s???
Ich brauchte eine
Weile um zu begreifen, dass es sich hier um einen doppelten Enkel des Weltmeyers
handelte, einer, der ganz offensichtlich in der übernächsten Generation das
beidseitig ganggewaltige Erbe seines Grossvaters so richtig verkörperte…
Das war er!
Der Weltmeyer, auf den ich all die Jahre für meine Fabrice gewartet hatte!
Ein beeindruckende Enkel seines Grossvaters in Person, hinten tiefergelegt und
von einem Schub und Durchschwung, dass ich die Augen nicht mehr von ihm lassen
konnte!
Spürbar Takt, sichtbar Schwung – das war greifbare Dynamik und ein
rhytmisch-kraftvoller Augenschmaus, wie man ihn nur sehr selten auch auf diesem
Grün erlebt…
Der Eindruck war auch deshalb so stark, weil dieser Hengst (anders als manch ein
anderer Kandidat) natürlich belassen wirkte und kein gemachtes Gestrampel
verkörperte.
Präpariert ist anders und auch davon gab es reichlich und offensichtlich.
Diesem hier jedoch stand „reell“ in grossen Buchstaben von vorn bis hinten über
den Leib geschrieben.
Und nur reell kann sich auch vererben.
Tief gesetzt, tief
geröhrt und mit deutlicher Anlage zur Hankenbeuge ausgestattet ging der Schub
dieses doppelten Weltmeyer sichtbar durch den Rücken und machte deutlich, wieso
ein Pferd im klaren Rechteck stehend eben elastischer und dynamischer daherkommt
als ein hochgestelltes kurzes Pferd.
Das physisch sinnvoll angelegte Konstrukt dieses Hengstes verdeutlichte
anschaulich, wie Form und Funktionalität im Idealfall einhergehen. Und genau das
machte diesen doppelten Weltmeyer vom ersten Augenblick an als potentiellen
Vererber begehrlich:
wenn seine unbestrittene Funktionalität ganz wesentlich das Ergebnis seiner Form
war, Ergebnis des physischen Konstruktes eben, und wenn dieses Konstrukt in
seiner direkten Vorfahrenschaft gleich zweifach und damit genetisch doppelt
vorhanden war, dann durfte man den kühnen Schluss wagen und auf eine sicherere
Vererbung dieses Gesamtkonstruktes hoffen, anders als das in Fällen gänzlich
frei von Inzucht in den ersten Generationen der Fall sein mag - ?
Wenn darüber hinaus in der direkten Abstammung mit De Niro ein weiterer
Stempelhengst von vergleichbaren Features, sichtbarem Rechteckformat und
verlässlicher Dynamik vertreten war und man sich trefflich streiten konnte,
welcher von beiden (De Niro oder Weltmeyer) nun den grösseren Anteil an dem
kraftvollen Schub und Antritt dieses Hengstes hatte, dann drängte die
verlässlich anmutende Genetik dieses Hengstes sich damit gleich dreifach auf:
Weltmeyer, Wolkenstein, De Niro …
Zeit, sich die
Abstammung dieses doppelten Weltmeyer einmal näher zu betrachten …
Desperados, der Vater
Duisenberg's Vater Desperados ist mir seit seinen ersten
öffentlichen Auftritten anlässlich der hannoverschen Körung 2003 noch gut im
Gedächtnis. Diese Körung werde ich sicher nie vergessen... Er war der
bewegungsstärkste und auffälligste Hengst seines Körlotes und auch an diesem
schieden sich die Geister wie an keinem anderen. Aufgrund seiner überaus
auffälligen Bewegung, insbesondere dem Ablauf im Hinterbein, sagte man diesem
Hengst in diesen Tagen alles nach von Ataxie bis päpariert - wo man hinhörte
wurde heftigst über diesen lackschwarzen Sohn des De Niro diskutiert.
Die Konsequenz der hannoverschen Körkommision, diesen Hengst ausdrücklich nicht
zu kören, hat mir damals sehr imponiert. So sehr mir das Pferd auch gefiel:
reell einzuschätzen war es nicht.
Dennoch erzielte der Hengst einen stattlichen Preis und avancierte zum teuersten
Hengst des nicht gekörten Lotes und man darf sich fragen, was die Kommission ein
Jahr später dazu bewog, ihn dennoch anzuerkennen:
der schnöde Mammon, der Aussteller von nicht geringem Einfluss oder die
schlichte Grundqualität eines Pferdes, das mittlerweile die Bronzemedaille beim
Bundeschampionat gewonnen hatte und später zu einem Aushängeschild der
hannoverschen Zucht werden sollte?
Fortan habe ich die sportliche Entwicklung dieses Desperados akribisch verfolgt
und staunte nicht schlecht ob seiner vom Fleck weg beeindruckenden Karriere. Als
Deckhengst jedoch hat er mich nie wirklich interessiert, auch wenn ich
mittlerweile druchaus Gefallen an seinem Mutterstamm fand, aus dem später auch
der 1.220.000 Euro teure Don Nobless
hervorgehen sollte, dem allerdings vor diesem Zuschlagpreis zur Zeit seines
sparsamenWirkens in Dillenburg auch niemand Beachtung geschenkt hatte.
Die mütterliche Abstammung des Desperados über Wolkenstein II, Matcho und Pik
König xx klingt wohltuend, wenn auch dem Stamm an sich in Insiderkreisen gern
lediglich Schauqualitäten nachgesagt wurden. An Desperados' Qualitäten als
Vererber sollten sich daher weiterhin die Geister scheiden, das änderte sich
auch dann noch nicht als seine ersten Söhne auf den Vorauswahlen paradierten und
der Hengst es selber bereits zu beachtlichen Grand Prix Erfolgen unter seiner
noch jungen Reiterin gebracht hatte. Ich erinnere mich noch gut an Diskussionen,
als seine Piaffen als nicht reell getragen bezeichnet wurden und manch einer mit
dem spektakulären Siegeszug unserer niederländischen Dressurkonkurrenten bereits
den Untergang der deutschen Dressurpferdezucht beschwor. Das war vor den
olympischen Spielen in London und ist noch gar nicht so lange her. Seither ist
das altbewährte Blut des Donnerhall in aller Munde und gilt als deutsche Antwort
auf niederländische Dressurkultur.
Mitunter kann man wirklich nur staunen, wie die Dinge sich in kürzester Zeit in ihrer Wahrnehmung
ändern.
Als ich Duisenberg im letzten Frühjahr an Fabrice anpaarte hätte ich im Traum
nicht damit gerechnet, dass sein Vater kurz darauf in London die Dressurwelt auf den Kopf
stellen sollte. Desperados war zu diesem Zeitpunkt noch nichteinmal für den
Olympiakader nominiert, alle Welt befand sich noch im Totilasschen
Wechselfieber. Ich nahm es daher als willkommenen Bonus, als ausgerechnet
Duisenberg's Vater zu olympischen Ehren avancierte, insbesondere als es zu dem
Zeitpunkt auch noch keinen weiteren gekörten Sohn des Desperados aus
einer Weltmeyermutter gab. Das sollte sich erst im Herbst 2012 drastisch ändern und
fortan waren die meist schwarzen Söhne des Desperados in aller Munde. Aus
Weltmeyermutter stellte er sogar einen Körsieger. Für mich
hatte er bis dahin mit seinem Sohn Derby Dancer, einem Schimmel aus seinem
ersten nennenswerten Körjahrgang 2009, der darüberhinaus auch noch aus einer
reinen Vollblutmutter (von Runawy Groom xx) gezogen war, eine beeindruckende
Visitenkarte geliefert. Dieser überaus elastische Halbblüter Derby Dancer
fristete allerdings im Landgestüt Warendorf eher ein Schattendasein und
verschwand recht bald in der sprichwörtlichen Versenkung und von der Bildfläche,
dem Vernehmen nach Richtung Menslage.
Rückblickend war es also wohl ausgerechnet dieser wenig beachtete Derby Dancer,
der mir als reines Outcross und echter Aussenseiter seinen Vater Desperados
erstmals ernsthaft als Vererber empfahl. Und irgendwie macht es mich schmunzeln,
dass ich mir mit seinem Sohn Duisenberg auch wieder einen ausgeguckt habe, der
in der öffentlichen Wahrnehmung ebenso eher als Aussenseiter gilt und dessen
wenig professionelle Auftritte auf Hengstschauen im ersten Winter durchaus dazu
beitrugen, diesen Eindruck zu unterstützen.
Die mütterliche Abstammung
Und doch war ich felsensfest von der Genetik dieses Duisenberg überzeugt,
insbesondere als ich feststellte, dass gerade dessen mütterliche Abstammung für
mich kein unbeschriebenes Blatt war.
Als ich nach dem Körwochenende im Herbst 2011 nach Hause fuhr spukten mir
unterwegs lediglich die väterlichen Geister meines neu gefundenen "doppelten Weltmeyers"
(den Namen Duisenberg hatte er zu dem Zeitpunkt noch nicht) durch den Kopf. Der
Mutterstamm über Weltmeyer x Lungau sagte mir zunächst nichts, wenn auch Lungau über Lugano
II als zusätzliches Sahnehäubchen und einzig begehrliche Form
des Erbes des Vollblüters Der Löwe xx das Ganze wohlklingend stimmig für mich
abrundete.
Die ersten Recherchen in Fohlen- und Stutenschaukatalogen sollten meinem
Unwissen jedoch spürbar auf die Sprünge helfen:
Der Sommer 2011 war der Sommer der ersten dreijährigen Kinder des Biasini (von
Belissimo x Argentinus x Furioso), ein Hengst, dem als ebenso recht altbackener
Sohn des Belissimo völlig zu unrecht nur ein kurzer Deckeinsatz beschieden war.
Mir erschien Biasini gerade wegen seines leistungsbetonten und vor allem
springbetonten mütterlichen Erbes über Argentinus und Furioso als ein sehr
begehrenswerter Sohn des Belissimo, der dem häufig etwas schlappen Hinterbein
seines Vaters gerade durch seine wenig moderne aber sehr leistungsorientierte
Springabstammung richtig was entgegenzusetzen hatte.
Und ich erinnerte mich nur zu gut an eine grosse schlichte Fuchsstute, eine
Tochter des Biasini, die mich später auch auf der Eliteschau in Handorf durch ihr
schnörkelloses Auftreten und ihren unumstrittenen Antritt begeisterte -
grundsolide und "reell" hatt ich diesem Pferd in grossen Lettern in den Katalog
geschrieben.
Attribute, die sich vererben. Meine Freude war gross als ich feststellte, dass
diese Biasini-Tochter mit namen Bella Bionda aus der selben Weltmeyermutter gezogen war wie Duisenberg:
Weltluna.
Ich war also in Bella Bionda bereits einer Schwester des Duisenberg begegnet, die mittlerweile sehr
zurecht siegreich in Reitpferdeprüfungen unterwegs war und ihre Sattelqualität
auch auf der Westfalenwoche in Handorf im grossen Feld der vierjährigen Stuten
ein Jahr später eindrucksvoll mit einer vorderen Platzierung unterstrich. Das
war ein Pferd, wie ich es mir vorstellte, weil sie die selben naturgegebenen
rellen Features verkörperte wie ihre Bruder Duisenberg.
Geradezu begeistert war ich dann, als ich bei meinen Recherchen auf einen gekörten
Vollbruder zu Weltluna stiess, der 1992 geboren war und nach Ablegen seiner
Hengstleistungsprüfung 1995 in Adelheitsdorf in die USA verkauft worden war. Aus
den Augen - aus dem Sinn. Die neunziger Jahre waren bei weitem noch nicht so
medial durch das Internet geprägt wie das heute der Fall ist und so war ich
glücklich, als ich auf einen kurzen Videoclip des Hengsst stiess, der unter
dem Namen Weltklasse in den Büchern geführt wird. Eine Bewegungssequenz eines
Pferdes aus den Neunzigern ist eine Seltenheit und diese Bewegungssequenz sprach
mir aus der Seele:
Hinterbein, abfussen und ein unter den Körper fussender Hebel, der zur
Lastaufnahme einlädt. Der selbe Motor, wie er auch Duisenberg und seine
Schwester auszeichnet und das dritte Pferd aus enger Mutterlinie, das nahelegt,
dass dieser Ablauf kein Zufall sondern genetisch verankert und damit vererbbar
ist.
Meine späteren Recherchen über den grossen Teich erwiesen sich als wenig
ergiebig. Ein Hengst hat dort ob der heterogenen und wenig druchgezogenen
Stutenbasis wenig Chancen, selbst wenn er einige ordentliche Nachkommen gezeugt
hat, von denen ich selber anlässlich eines Besuches in den USA 2004 einige
gesehen habe. Damals waren diese Kinder des Weltklasse für mich allerdings auch
nur Nachkommen eines weiteren Weltmeyersohnes und ich hätte sicher besser
hingeguckt, wenn ich mir der Verwandschaftsgrade und der Bedeutung, die dieser
Hengst heute für mich hat, damals bewusst gewesen wäre.
Weltluna, Weltklasses Schwester und Duisenbergs Mutter, war seinerzeit selber
mehrfach siegreich in Reitpferdeprüfungen, bevor sie im Hause Schütte in die
Zucht. ging. Sie ist darüberhinaus zweifache Hengstutter und brachte neben Duisenberg
bereits den in
Hannover gekörten Lord of Dream von Londonderry, der unter Ecki Wahlers Erfolge
bis Klasse M verbucht.
Mit Roman Nature von Rosentau stellt sie ihren ältesten sporterfolgreichen Sohn,
der von 2003 bis heute über zehn Jahre ununterbrochen sporterfolgreich unter
Amateurberitt bis zur Klasse M unterwegs ist und über 5.000 Euro LGS für sich
verzeichnet. Eine Leistung, die sich durch Gesundheit und Kontinuität
auszeichnet und sehr für den Stamm spricht, insbesoderere wenn es noch weitere
Nachkommen gibt, die diese Annahme unterstützen..
Bis heute verzeichnet Weltluna sechs sporterfolgreiche Nachkommen, darunter auch
das NRW Elite-Auktionspferd Luciano von Laudabilis. Der erfolgreichste und
bekannteste Nachkomme der Weltluna ist der Brentano II-Sohn Beaufort, der
aktuell unter Heiner Schiergen S-Erfolge verzeichnet.
Weltlunas Mutter Laika von Lungau verzeichnet 9 sporterfolgreiche Nachkommen
im Jahrbuch Zucht.
Ihre Vollschwester Laisa ist Mutter des gekörten Weltenau von Weltmeyer, der im
Haupt- und Landgestüt Marbach deckte.
Mit
Delorenzo von Don Primero x Argentan x Lungau, gezogen aus einer Enkelin der
Leda, die eine weitere Vollschwester zu Laika ist, stellt dieser direkte
Mutterstamm seinen bislang erfolgreichsten Spross. Seit 2001 ist Delorenzo ununterbrochen nunmehr vierzehn
Jahre im Sport unterwegs, verzeichnet aktuell 13 S-Siege bis Grand Prix und
verfügt über eine beeindruckende LGS von 20.000 Euro.
Mit dem gekörten Golden Cup von Gambler's Cup x Weingau war ein weiterer direkter
Sohn dieses Stammes kurzzeitig unter Heike Kemmer bis St:Georg unterwegs. Seine
Mutter Wendy ist eine Halbschwester zu Laika, Leda und Laisa.
Die Urgrossmuter des Duisenberg, Pretty von Presto x Traugott, verzeichnet mit
sieben sporterfolgreichen Nachkommen eine NGS von 8.000 Euro. Mit Abajo S und
Ambiente, beide vom Vollblüter Abajo xx abstammend, verfügt auch sie über
S-erfolgreiche Nachzucht.
Allein diese übersichtliche Recherche des direkten nahen Mutterstammes zeichnet
sich bereits druch eine hohe Dichte sporterfolgreicher Nachkommen aus, die dem
Anspruch an Leistungsvererbung dieser Mutterlinie mehr als gerecht werden. Im
weiter verzweigten Stamm finden sich darüberhinaus noch einige gekörte Hengste
und reichlich sporterfolgreiche Pferde, von denen ich hier lediglich zwei nennen
möchte, weil sie mir persönlich bekannt sind und mit denen ich selber greifbare
wertvolle Eindrücke verbinde. Da ist zum einen der in Westfalen gekörte Hengst
Ehrgeiz (von Ehrentusch x Lauries Crusador xx x Weltmeyer), den ich aufgrund seines
Vollbluterbes und der angemessenen Anpaarung an das westfälische E-Blut vom
ersten Tag an positiv wertschätzte. Der Zucht ist Ehrgeiz mittlerweile als
Wallach verloren gegangen, doch ist er sportlich weiterhin erfolgreich unterwegs
und war sechsjährig bereits siegreich in M. Nachhaltig beeindruckt an
Ehrgeiz hat mich einige Jahre später jedoch sein jüngerer Bruder, ein Sohn des
Bestseller. Diesem Hengst begegnete ich dreijährig in einem Ausbildungsstall und
konnte seine Entwicklung von der rohen Remonte bis hin zu den ersten Siegen in
Dressurpferdeprüfungen aus der Nähe mitverfolgen. Ich war vom Fleck weg ein Fan
dieses sympathischen propperen Braunen, der gezielt als langfristig zu
förderndes Ausbildungspferd in den Stall kam und wage die Behauptung, das wir
von diesem Pferd künftig noch hören werden. Wenn ein versierter Profi wie der
Reiter dieses Hengstes heutzutage ein junges Pferd bewusst für sich als
langfristig zu förderndes Ausbildungspferd akquiriert, dann erkenne ich
das als grosse Auszeichnug an. Es ist eben etwas gänzlich anderes, ob jemand die
schnelle Mark an einem vielversprechenden jungen Pferd machen möchte, oder ob er
es für Wert befindet, hier über Jahre qualitätsvolle Zeit und Arbeit zu
investieren. Die Erkenntnis, dass auch dieser Hengst ein Vertreter des Stammes
des Duisenberg ist, mag züchterisch nicht von grosser Relevanz sein, hat mich
aber sehr gefreut.
So ist Duisenberg nun also neben Don Frederic der zweite Hengst meiner
Anpaarungen 2012, für den ich mich bewust wider meine Prinzipien entschieden
habe, die da lauten, keinen ungeprüften Junghengst zu nutzen. Der einzige Grund,
der eine solche Entscheidung rechtfertigt sind leistungsrelevante Erkenntnisse
aus dem nahem Stamm, die den Schluss nahelegen, dass die begehrlichen
Eigenschaften eines solchen Junghengstes selber auch genetisch manifestiert und
vererbar sind. Die nahe Verwandtschaft des Duisenberg lässt diesen Schluss ganz
sicher zu.
Und doch muss jeder Hengst auch auf die passende Stute treffen. In meiner
Fabrice habe ich eine bewährte Zuchtstute, deren Vererbung in Stärken und
Schwächen ich recht sicher einzuschätzen weiss. Doch wie in allen Fällen war
auch dieser Anpaarungsgedanke keine sachliche Entscheidung:
es war reine Intuition, die mir Fabrice vom ersten Augenblick zu Duisenberg als
Passer eingab und dieser Gedanke hatte mich den ganzen Weg von Verden zurück
nach Münster nicht mehr losgelassen. Das ganz wesentliche und ausschlaggebende
Attribut dieser Anpaarung, das mir beständig unterwegs vor dem inneren Auge
herumgeisterte ist "der Motor hinten!", der beide Pferde auszeichnet. Selbst
wenn einer an dem anderen nichts verbessert liegt der Schluss nahe, dass Fabrice
auch aus dieser Anpaarung ein stark motorisiertes Fohlen zaubert. Takt, Antritt
und Schubkraft, das sind Attribute die hat ein Pferd von Natur aus, oder es hat
sie nicht.
Die sachlichen Erkenntnisse infolge meiner Recherchen zu dem Stutenstamm des
Duisenberg haben meiner Intuition lediglich das nötige Rüstzeug mit auf den Weg
gegeben.
Pferdezucht ist nunmal eine Kunst und keine Wissenschaft.
Wollen wir also hoffen, dass meine Intuition mich auch dieses Mal nicht im Stich
lässt.
Im Hinblick auf Eigenleistung hat Duisenberg aktuell seinen ersten wertvollen
Beitrag geleistet. Nachdem der Hengst verletzungsbedingt seinen 70-Tage Test im
letzten Herbst abbrechen musste, hat er am letzten Wochenende seinen ersten
Turnierstart in einer
Reitpferdeprüfung asbolviert und diese gleich mit Weile gewonnen. 8,4
lautete die Wertnote, und besondere Freude bereitet mir hier (allen Kritikern
zum Trotz) die "9" für das Gebäude. Auf das harmonische Gesamtkonstrukt kommt es
eben an.
Im Frühjahr wird Duisenberg dann seinen 30-Tage Test in Schlieckau ablegen.
4.8.2018
Duisenberg auf dem Weg zum Burgpokal!
Seit gut einem Jahr sitzt Jessica Süss im Sattel von Duisenberg und die beiden
haben bereits zahlreiche Erfolge auf S-Niveau gefeiert. Ich habe das Paar einige
Male life erlebt und mich jedes Mal darüber gefreut, meinen einstigen Champion
der Hannoveraner Körung in Verden 2011 so gelungen mit Jessica unterwegs zu
sehen.
Duisenberg hatte es zu Beginn nicht leicht, stand sich mit seinem Hengstdasein
selbst im Weg und wurde zunächst chemisch, später vollständig kastriert.
Züchterisch machte er gar nicht von sich reden und bald wurde es still um ihn.
Seine Tochter Darnell hatte mittlerweile ein
Hengstfohlen von Benicio geboren und mit diesem
Erstling einen vielversprechenden charmanten Sohn in Hengstaufzucht gezaubert.
Nur zu gern hätte ich auch den Muttervater sportlich besprochen gewusst und
freute mich sehr, als Duisenberg unter Jessica nachhaltig Erfolge in "ländlich S"
feierte.
"Ländlich S" jedoch haben sie an diesem Wochenende weit hinter sich gelassen.
Verden International richtete in dieser Woche die Qualifikation zum Nürnberger
Burgpokal aus. In der Einlaufprüfung traten ganze 37 Starterpaare gegeneinander
an, sodass die Prüfung in zwei Abteilungen platziert wurde. Der Sieg der zweiten
Abteilung ging mit knapp
71,5 Prozent an Duisenberg und Jessica. Ich war begeistert und durchaus
geneigt, zunächst an einen Glückstreffer gegen starke Konkurrenz zu glauben, doch weit gefehlt!
In der entscheidenden Qualifikationsprüfung am Sonntag mussten die beiden sich
mit satten
73,756 Prozent erneut nur Ingrid Klimke und Bluetooth geschlagen geben - was
für ein bemerkenswerter Erfolg!
Einen Promi-Bonus gibt es für Duisenberg und Jessica sicher nicht. In dieser
Konkurrenz steht man auch nicht einfach vorn, weil alle anderen schlechter sind.
Für Ergebnisse über 73 Prozent muss man schon einige Achten im Protokoll
verzeichnen - Hut ab!
Duisenberg und Jessica nehmen nun also berechtigt Kurs auf den Nürnberger
Burgpokal. Bis Dezember gibt es erfahrungsgemäss immer reichlich Nachrücker
unter den Zweitplatzierten, daher bin ich zuversichtlich, die beiden im Winter
auch dort zu sehen.
Wer hätte das einmal gedacht!
Nachdem der Hengst 2013 ohnehin nur ein Jahr im Deckeinsatz stand, ist sein
züchterisches Erbe auf ganze 28 Nachkommen beschränkt, von denen bislang vier Vierjährige
sportlich in Erscheinung getreten sind. Umsomehr freut es mich, den patenten
Fuchs -ein bisschen schlanker dürfte er noch daherkommen- nun selber sportlich
auf der Überholspur zu sehen. Sollte Darnell's Erstling
Beatle tatsächlich im nächsten Jahr den Weg zur Vorauswahl einschlagen, kann
er auf eine makellose Reihe sporterfolgreicher Väter auf hohem Niveau verweisen.
Es wäre mir die grösste Freude!
Liebe Uli, wenn du das hier liest wirf einen Blick auf diesen
Schnappschuss, es wird dir gefallen!
13.7.2019
Aus Züchtersicht bescherten mir die fünften Dressurtage auf dem Krüsterhof heute ein
unerwartetes Highlight:
Darnell's Vater Duisenberg wird mit knapp 70 Prozent
Zweiter in seinem ersten Grand Prix!
Harmonisch und einfach schön anzusehen pilotierte Jessica Süss ihn zunächst
erfolgreich durch den Inter-II und am Sonntag durch den Kurz-Grand Prix.
Was für eine sportliche Karriere für den früh gelegten Fuchs, dessen sportlichem
Werdegang seinerzeit die Hormone im Weg standen!
Da darf sich manch ein Vieldecker gern ein Scheibe abschneiden.
18.9.2021
CHIO Aachen - Duisenberg in der
Vier-Sterne Tour erfolgreich!
Geradezu kometenhatft verläuft die Karriere
des Duisenberg, seit er vor zwei Jahren unter dem Sattel von Jessica Suess
gelandet ist. "Grand Prix" ist eine Sache. Vier-Sterne Grand Prix in Aachen eine
ganz andere. Für den CHIO wird man nominiert und es spricht für Duisenberg und
Jessica, dass die beiden in diesem Jahr ihr Debut beim CHIO geben dürfen - mit
Erfolg!
In der
Grand Prix Kür unter Flutlicht am Samstagabend rangiert das Paar mit knapp
76 Prozent auf Platz acht unter beachtlicher Konkurrenz.
Ich habe mich
so gefreut, als die beiden in der Starterliste auftauchten und denke noch immer
gern und mit einem Schmunzeln zurück an die ein oder andere Kritik, die ich zu
hören bekam, als ich Duisenberg seinerzeit für Fabrice
ausgewählt habe. Viel züchterische Chancen hat er kaum gehabt. Heute sähe das
vermutlich anders aus. "Da darf sich manch ein Vieldecker gern ein Scheibe von abschneiden."
Seine Tochter Darnell geniesst seit langem ihr Dasein
bei Uli und ich bin sicher, Uli, wenn du das hier liest, es wird dich genau so
freuen wie mich ...
Foto mit freundlicher Genehmigung von Jessica Suess